Mitten in einem idyllischen Weinanbaugebiet der Gemeinde Neumarkt (Südtirol) plant die Firma Würth die Erweiterung ihres Firmensitzes. Der Neubau umfasst ein neues Logistikzentrum samt dazugehörigem Hochregallager. Hohe Setzungsanforderungen in einem geotechnisch anspruchsvollen Boden führten zur Auftragserteilung einer Gründung mit duktilen Rammpfählen samt umfangreichem Versuchsprogramm an die Firma Keller.
Das Projekt
Bereits im Jahre 2021 wurde Keller Fondazioni mit der Durchführung eines Probefeldes beauftragt. Dabei wurden Belastungsversuche an Probepfählen durchgeführt, um das Verhalten der Tiefengründung im anstehenden Boden zu verifizieren. Die Probepfähle wurden so angeordnet, dass man ein weitläufiges Bild der Geologie vom zukünftigen Baufeld bekommt. Es wurden neben statischen Probebelastungen auch sogenannte HPS (HAY-Proof-System) Versuche durchgeführt. Letztere Versuchsmethode ist ein Verfahren, welches die Ermittlung von Mantelreibung und Spitzendruck getrennt voneinander ermöglicht und somit eine detailliertere Betrachtung des Pfahltragverhaltens zulässt. Basierend auf den Ergebnissen dieser Versuche wurde durch das Planungsteam um Arch. Vonmetz Johann (arch.tv Trojer Vonmetz Architekten) in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Holzner & Bertagnolli und in Abstimmung mit dem Projektkoordinator Herrn Ing. Sandro Faccioli (Firma Würth) ein Konzept für die Gründung mit duktilen Rammpfählen ausgearbeitet.
Die Herausforderung
Die Herausforderung bei der Planung war, ein Gründungskonzept zu erarbeiten, welches den hohen Setzungsanforderungen eines Hochregallagers entspricht und gleichzeitig wirtschaftlich ist. Die Herstellung der Pfähle auf unterschiedlichen Arbeitsebenen (Vertiefungen, Streifenfundamente und Betonplatte) stellte ebenfalls eine Herausforderung hinsichtlich der beschränkten Zugänglichkeit dar. Der anstehende Baugrund wies im Zuge der Untergrunderkundungen in den höher gelegenen Bodenschichten geotechnisch anspruchsvolle (wenig tragfähige) Eigenschaften auf. Überwiegend handelt es sich hierbei um Schluffe, Tone und Torfe mit geringmächtigen Zwischenschichten aus Kies und Sand. Die Präsenz von Torf forderte erhöhte Qualitätsstandards beim Pfahlbeton um die geforderte Dauerhaftigkeit sicherzustellen. Auch auf die Variabilität der Mächtigkeiten der nicht tragfähigen Bodenschichten war zu reagieren. Für das Unternehmen Würth ist die nachhaltige Gewinnung von Energie ein sehr wichtiges Thema. Mit dem Ziel, einen "zero impact logistics hub" zu errichten, sollten die duktilen Rammpfähle auch geothermisch genutzt werden.
Die Lösung
Nach erfolgtem Abbruch eines angrenzenden Bestandsgebäudes, einer vollständigen Einbautenerkundung und Vorbereitung des Arbeitsplanums konnten die Arbeiten für die Gründung im März 2022 begonnen werden. Es bedurfte wegen der oben genannten Einschränkungen bezüglich der Zugänglichkeit einer Vorausplanung und einer guten Abstimmung mit den am Bau beteiligten Planern und Firmen. Zur Erreichung der geforderten Dauerhaftigkeit, war ein Einsatz von sulfatbeständigem Beton erforderlich. Die für die Tiefengründung ausreichend tragfähigen Bodenschichten konnten überwiegend in tieferen Lagen erkundet werden. Nachdem diese tragfähigen Schichten in unterschiedlichen Ebenen vorzufinden waren, haben wir im Zuge der Ausführung die Längen der duktilen Rammpfähle entsprechend angepasst. So wurden Pfähle mit einer maximalen Länge bis zu 46 m ausgeführt, wobei die mittlere Pfahltiefe etwa 35 m beträgt. Die im Vorfeld definierten Ausführungsparameter und Herstellungskriterien wurden im Zuge der Ausführung, in enger Abstimmung mit dem Planungsteam, überwacht und optimiert. Wir konnten hierbei natürlich auch auf die im Zuge des Versuchsfelds gewonnen Informationen zurückgreifen und diese bei der Ausführung heranziehen. Somit konnten die erforderlichen Längen aufgrund der wechselnden Geologie effizient angepasst und die Gründung wirtschaftlich optimiert werden. Um die Anforderung in puncto Nachhaltigkeit und grüner Energie einzuhalten wurden die duktilen Rammpfähle geothermisch genutzt. Hierbei ist die Grundidee, über die ohnehin benötigte Fundierung Energie aus dem Untergrund zu gewinnen und diese mittels einer Wärmepumpe sowohl für die Gebäudeheizung als vor allem auch für die Kühlung zu nutzen. Diesem Wunsch wurde man durch die Installation von 15 m langen Energiesonden in etwa 70% der ohnehin hergestellten Pfähle gerecht. Die Installation der Energiesonden erfolgte durch die Firma Energreen direkt nach abgeschlossener Pfahlherstellung in den noch frischen Beton. Da die Installation der Energiesonden parallel zur Pfahlherstellung erfolgen muss, wurde höchstes Augenmerk auf einen koordinierten Ablauf und eine sichere Ausführung gelegt. Im Zuge der Ausführung wurden weitere Belastungsversuche (HPS Versuche / Zug– und Druckbelastungen) an verschiedenen Bereichen im Baufeld durchgeführt, um die Eingangswerte der Statik auch im Zuge der Pfahlherstellung zu verifizieren. Zusätzlich zu dem bereits durchgeführten Versuchsfeld im Vorfeld, den Belastungsproben im Zuge der Ausführung und der Aufzeichnung der Rammzeiten jedes einzelnen Pfahles, werden noch zusätzliche Verformungsmessungen am neu errichteten Gebäude durchgeführt. Hierbei werden mit wachsendem Fortschritt des Gebäudes die realen Vertikalverformungen intervallmäßig gemessen und überwacht. Somit können die realen Verformungen auch mit denen der theoretischen Berechnung verglichen und bewertet werden. Die bis dato gemessenen Verformungen liegen innerhalb der Toleranzen und bestätigen die Erwartungswerte. Dieser hohe Standard der Qualitätsüberwachung ist einerseits für den Kunden wichtig, aber gleichzeitig auch für die Planer und natürlich auch für uns als ausführendes Unternehmen und tragen somit zur stetigen Verbesserung bei.
Aufgrund der guten Koordinierung der beteiligten Planer sowie der ausführenden Firmen konnten einzelne Teilbereiche umgehend an die Folgegewerke übergeben werden. Somit konnte der Terminplan eingehalten und die Gründungsarbeiten termingerecht (in nur zwei Monaten) fertig gestellt werden.